Quo vadis Bergen? Nach Falkenstein oder in eine Einheitsgemeinde? Diese Frage beschäftig Volkmar Trapp, der seit 16 Jahren Bürgermeister in Bergen ist. 750 Jahre Berg- und Talfahrt liegen nun hinter dem Ort. Fotos: cze (6); E. Mothes (1)
Bergen – Anderthalb Jahre haben die Bergener die Köpfe zusammen gesteckt, geplant, angepackt. Um das Festkomitee herum, bestehend aus Bürgermeister Volkmar Trapp, Gemeinderat Günter Ackermann, Jägerswaldverbands- Chefin Carmen Reiher und ihrem Mann Gunter, Matthias Blechschmidt, Timo Zimmer, Uwe Fischer und Ulli Viertel, stemmt das ganze Dorf im Triebtal ein dreitägiges Fest.
Graffiti-Sprayer André Brettschneider macht das Envia-Trafohäuschen fit fürs Fest: Mit Acrylfarbe entsteht eine Ortsansicht rund um die St.-Nikolai-Kirche.
Die Bergener sind in Festtagslaune, schmücken ihre Vorgärten und Häuser mit originellen Strohpuppen und ellenlangen bunten Wimpelketten. „Gibt’s noch Wimpelketten?“ Diese Frage von Einwohnern hört der Bürgermeister kurz vor dem Fest oft im Rathaus. „Leider nein“ – und das, obwohl der über 80-jährige Günther Zöphel, ehemals Zuschneider im Stofflager des Bekleidungswerkes, ein Dreieck nach dem anderen zugeschnitten hatte. Ihre Festtagsstimmung lassen sich die Bergener nicht nehmen, auch wenn der Eingemeindungsstreit vor Gerichten und den Nachbardörfern schwelt. Auch, wenn mit dem Abriss vom „Goldenen Hahn“ Bergen seines letzten Gasthauses beraubt wurde. Wenn, die Bevölkerung schrumpft, die Schule lange dicht ist, es außer Handwerksbetrieben keine Großunternehmen gibt – und Bergen noch an dem Ruf, ein Nazi-Dorf zu sein, zu knabbern hat. Noch gut erinnert sich Trapp an Gespräche mit dem Polizeipräsidenten, an den im „Hahn“ abgehaltenen NPD-Landesparteitag und einer rechten Wählerklientel von rund 15 Prozent zu den vorletzten Kommunalwahlen. Dieser Spuk sei zum Glück mit dem Abzug des „Hahn“-Wirtes und Abriss des Gasthauses vorbei, sagt Trapp und sieht freudigen Dingen entgegen.
Da sind die Vereine – Feuerwehr, Fußballverein „Turbine Bergen“, Heimatverein, Dorfclub und zwei Gartenvereine – die das Miteinander im Dorf zusammenhalten. Dort ist der Kindergarten „Am Ententeich“, der mit 64 Kindern reich gesegnet ist. Im Dorf gibt es noch einen Supermarkt, Ärztin, Zahnärztin und Sparkassen- Filiale. Das imposante Rathaus samt Turm wird heuer für 340000 Euro saniert. Ein guter Ort also für den Sitz einer möglichen Einheitsgemeinde von Bergen, Werda, Theuma und Tirpersdorf? „So ein Rathaus hat nicht jeder. Und Bergen liegt an der Bundesstraße, günstig zu erreichen zwischen Plauen und Falkenstein. In Bergen ist Leben“, sagt der mit 71 Jahren dienstälteste Bürgermeister im Vogtland.
Elfriede Reckmann ist übrigens mit 102 Jahren die älteste, ein halbes Jahr altes Mädchen die jüngste Bergenerin. Dazwischen gibt es rund 990 Einwohner, die sich auf das große Fest und Gäste freuen. Cornelia Henze
Überall haben die Bergener im Ort Puppen postiert: Hier eine Lösch-Frau, ein Beitrag der Feuerwehr.
Das wäre schön...
... wenn Bergen zu Falkenstein gehören würde. Das wünschen sich viele Bergener seit Jahren – und dafür haben sie bis vor das Oberverwaltungsgericht geklagt. Am22. Juni wird Bergens Gemeinderat noch einmal einen Beschluss fassen, ob die Gemeinde die Klage aufrechterhalten will. Denn im Laufe der zermürbenden Klage-Jahre habe sich manches geändert, räumt Bürgermeister Volkmar Trapp ein. „Nicht jeder ist Feuer und Flamme für Falkenstein“ und „Es entscheidet nicht der Bürgermeister, sondern der Rat“. Für ihn ist auch klar, was die Bergener gar nicht wollen: „Nicht nach Tirpersdorf oder Oelsnitz“.
...wenn Bergen bald wieder einen Pfarrer hätte. Der langjährige Seelsorger Rudolf Bergau ist vor kurzem in Ruhestand gegangen. Nun wird die Gemeinde aushilfsweise vom Pfarrer aus Hammerbrücke „bedient“. Die Stelle eines neuen Pfarrers ist ausgeschrieben. Allerdings fehlt auch in der Jägerswald-Nachbargemeinde Werda einer. Sicher wie das Amen in der Kirche ist, dass es nur einen Pfarrer geben wird. Trapp hofft, dass der „Neue“ dann in die Pfarrwohnung in Bergen einzieht.
... wenn Bergen wieder eine Schule hätte. Die Schule schloss 2002 für immer und beherbergt zur Zeit Heimatverein, Dorfclub und Feuerwehr. „Im Kindergarten haben wir gerade 64 Kinder. Da würde sich eine Schule schon wieder lohnen.“
...wenn nicht ein Verein nach dem anderen wegen Überalterung dicht machen würde. So geschehen voriges Jahr mit dem Männergesangsverein Liederkranz. Ein trauriger Abgesang. Auch im Heimatverein liegt der Altersdurchschnitt bei Mitte 70.
...wenn Bergen wieder eine Gaststätte hätte – und man vor Jahren im Dorfteil Jahnsgrün ein Gewerbegebiet gegründet hätte. „Das war eine verpasste Gelegenheit.“ cze
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