Geographische Lage
Die Lagerstätte Bergen liegt südwestlich des
gleichnamigen Ortes, ca. 6 km westlich der Stadt Falkenstein und kann
über die B 169 Plauen - Auerbach erreicht werden. Das morphologische
Relief weist vom Tal der Trieb bis zu den umgebenden Bergen einen Höhenunterschied
von ca. 130 m (420 m NN bis 550 m NN) auf. Der Umriß des Grubenfeldes
des Bergwerkes Bergen umfaßte ca. 2 km², teilweise landwirtschaftlich,
zum größten Teil forstwirtschaftlich genutzte Fläche.
Verlauf der Betriebsentwicklung
Nach vorausgegangener geophysikalischer Erkundung im
Jahr 1948 wurde am 10. Januar 1949 begonnen, geologisch-bergmännische
Erkundungsarbeiten aufzunehmen und eine Schachtverwaltung zu bilden.
In Bergen, Theumaer Straße 14, wurde Anfang 1949
auf Befehl der SMAD ein Wohnhaus, das sog. Lehrerhaus,
durch die Kommune zur Aufnahme der Verwaltung geräumt. In diese Räume
zogen der sowjetische Schachtleiter, die sowjetischen Geologen, Arbeitsnormer,
Buchhaltung, Lohn- und Personalbüro, Sanitäter sowie die Allgemeine
Verwaltung ein.
Ca. 200 m oberhalb des Verwaltungsgebäudes, in der Sandgrube der
Firma Schultess, waren der Obersteiger und die Steiger, die
Werkzeugausgabe und die Werkzeugreparatur in einer Bretterbude untergebracht.
Die Arbeiten begannen auf primitivstem Niveau. Die ersten auszuführenden
Bergarbeiten waren das Anlegen von Schürfgräben.
Teil der Belegschaft der
1. Schicht mit
Schachtleiter und Kindern (Juni 1949, im Hintergrund das Verwaltungsgebäude)3
Auf dem Amboß einer Feldschmiede wurden anfänglich die Werkzeuge
- in erster Linie Kreuzhacken, Schaufeln, Brechstangen, Vorschlaghämmer
und Bohrstangen - wieder einsatzfähig hergerichtet. Ein kleiner Kompressor
aus der Vorkriegszeit erzeugte für ein bis zwei Flottmann-Bohrhämmer
Druckluft.
Im März/April 1949 wurde begonnen, an der Straße ein massives
Gebäude zur Aufnahme von drei Junkers-Kolbenkompressoren (umgebaute
Flugzeugmotoren) zu bauen. Nach kurzer Bauzeit ging die Kompressoren-Station
im Juni in Betrieb. Gleichzeitig wurden in dem Gebäude auch Räume
für die Schlosserei, für das Materiallager sowie Waschräume,
Arbeitsräume für Obersteiger/Steiger, Geologen, Radiometristen,
Markscheider und Mechaniker bereitgestellt.
Anfangs war es üblich, daß die Arbeiter den Weg nach Hause
oder in ihre Unterkunft mit der Arbeitskleidung antraten. Umkleideräume
wurden erst später geschaffen.
Im Gasthof Zum goldenen Hahn in Bergen wurde kurzfristig eine
Küche für die Belegschaft eingerichtet. Vom Gasthof aus erfolgte
auch der Personentransport, anfangs mit planenbespannten LKW, etwas später
mit Lkws, die einen Holzaufbau hatten, vorerst aber nur in Richtung Plauen
und Falkenstein - Auerbach. Aus den anfänglich 4050 einschichtig
arbeitenden zukünftigen Bergleuten wurde schnell eine
130150köpfige Belegschaft.
Im September 1949 wurde mit dem Teufen des Schachtes
254 begonnen und damit auch nach und nach die erforderlichen Übertageeinrichtungen
wie Kaue, Dusch- und Waschräume, Werkstätten, Trafo- und Kompressorenstation,
Verwaltungsgebäude usw. errichtet und die Provisorien systematisch
liquidiert.
Die selbständige Verwaltung des Schacht 254 wurde 1957 aufgelöst
und der Verwaltung des Schachtes 362 Zobes als Revier Bergen angegliedert.
Bergmännische Erkundungsarbeiten
Die Erkundungsarbeiten konzentrierten sich auf 3 Gebiete:
1. im Bereich in und um die Sandgrube, 2. im Gebiet des Streuberges und
3. im Gebiet der späteren Schachtteufe Nr. 254.
In der Nähe der Sandgrube, im Gebiet des Streuberges
und im Waldgebiet Richtung Neumühle-Theuma wurden die ersten Schürfgräben
angelegt.
Die Schürfgräben hatten eine Länge von 3050 m, waren
durchschnittlich 1 m breit und bis 3 m tief; vereinzelt wurde bis 5 m
Tiefe ausgeschachtet, die Schürfarbeiten wurden alle in Handarbeit
ausge-führt. Von 1949 bis 1951 wurden im Gebiet Bergen insgesamt
2.140 m³ Schürfgräben ausgehoben.1
Im Februar/März begannen auch die Vorbereitungen
zum Teufen von Schürfen. In der Bergener Sandgrube wurde bei 520
m NN ein erster Stolln angeschlagen.
Insgesamt erfolgte im Grubenfeld Bergen die Teufe von 17 Schürfen
mit unterschiedlicher Tiefe.
Die Teufarbeiten erfolgten zu dieser Zeit in allen Schürfen
ausschließlich mit Hacke und Schaufel bzw. mit Bohrstange und Vorschlaghammer
zum Bohren von 58 Bohrlöchern mit ca. 0,8 m Tiefe.
Einmal Überwerfen des Haufwerkes auf eine Bühne brachte die
Möglichkeit 4 bis 5 m Teufe zu erreichen. Danach kamen die in eigenen
Werkstätten angefertigten Handwinden zum Einsatz. Diese Handwinden
blieben oft bei Teufen bis ca. 20 m und mit kurzen horizontalen Auffahrungen
im Einsatz. Als Fördergefäß diente ein ca. 50-Liter-Kübel.
Auf tieferen Schürfen wurden kleine Fördergerüste aus Holz
errichtet. Für größere Teufen kamen Förderhaspeln
der Typen OK-1 (1 Trommel), OK-1A ( 2 Trommeln) bzw. die Förderwinden
FW-8 oder FW-13, letztere bei über 100 m Teufe einschließlich
des Schachtteufens, zur Anwendung. Der Ausbau der Schürfe erfolgte
in Bolzen-schrotzimmerung (siehe 1.4.2) mit Abständen von 0,5 bis
1,0 m.
Der Querschnitt der horizontalen Auffahrung in den Schürfen
lag zwischen 2,0 und 3,0 m². Ca. 5060 % der horizontalen Auffahrungen
wurden mit Ausbau, überwiegend Deutscher Türstock, versehen.
Als Förderwagen kamen einseitige Stirnkipper mit 0,25 m³ Fassungsvermögen
und 300 mm Spurweite zum Einsatz. In den Schürfen 1 und 3 mit Teufen
über 100 m kamen Seitenkipper mit 0,4 m³ Fassungsvermögen
zum Einsatz. Gleichzeitig wurden auch größere Querschnitte
aufgefahren. Auswirkungen auf die Tagesoberfläche durch Bergschäden
waren durch die untertägigen Bergarbeiten kaum zu erwarten. Nach
damaligen Regelungen in der Wismut mußten 10,0 m unter der Tagesober-fläche
die Bergarbeiten eingestellt werden. Nur mit Ausnahmegenehmigung war ein
Durchbauen bis nach übertage möglich.
Ausrichtung
Die Ausrichtung der Lagerstätte Bergen unterhalb
der 450-m-Sohle (m NN) begann am 1. September 1949 mit dem Teufen des
Schachtes 254 durch das Ausrichtungsobjekt 14.
Der Schachtansatzpunkt lag in einem Waldgebiet, ca. 100 m westlich der
Verbindungsstraße Bergen -Neumühlenhäuser - Theuma, ca.
500 m vor den ersten Neumühlenhäusern.
Die beiden Schürfe 1 und 3 mit ihren Auffahrungen wurden in die Ausrichtung
einbezogen. Im Oktober 1950 erreichte der Schacht eine Teufe von 169,2
m einschließlich Sumpf.
Bei 102 m Teufe (426 m NN) wurde die erste Sohle und bei 161,5 m (366
m NN) die zweite Sohle angeschlagen. Beide Sohlen waren zusätzlich
durch eine Sturzrolle verbunden. Im Bereich der Umfah-rung der 366-m-Sohle
wurde eine Pumpenstation sowie die Sumpfstrecke aufgefahren.
Die hauptsächlichsten Ausrichtungsarbeiten erstreckten sich auf dieser
Sohle nach Ost und Nordost. Im gesamten Lagerstättenbereich hatte
diese Sohle die größte Ausdehnung. Durch die Ausrichtungsarbeiten
wurden alle bekannten und bauwürdigen Gänge erschlossen. Von
den Grubenbauen aus dem Schacht 254 bestand Verbindung durch das Überhauen
4/1 im Gang 2 der 426-m-Sohle zur 450-m-Sohle des Schurfes 17 und durch
ein Überhauen der 366-m-Sohle zur 405-m-Sohle des Schurfes 3
Skizze
der 366-m-Sohle der Lagerstätte Bergen und ihre Lage zur 340-m-Sohle
der Lagerstätte Zobes.4
Von der 366-m Sohle wurden die Gesenke geteuft:
11/1 ( 99,0 m Teufe, 7,44 m² Querschnitt), - 12/1 ( 96,5 m Teufe,
7,44 m² Querschnitt) und - 14/1 (146,0 m Teufe, 9,30 m² Querschnitt).
Mit ihnen wurden die Sohlen 340 m, 310 m und 278 m und
mit dem Gesenk 14/1 noch die 217-m-Sohle aufgeschlossen.
Das Gesenk 11/1 hatte auf keiner seiner drei Sohlen eine
Verbindung zu den Gesenken 12/1 und 14/1 und erschloß ein gesondertes
Baufeld mit den Gängen Nr. 4 und 6. Es erfolgten nur geringe Vorrichtungs-
und Abbauarbeiten.
Die Gesenke 12/1 und 14/1 bildeten ein geschlossenes
Baufeld und waren auf allen Sohlen - mit Ausnahme der 217-m-Sohle - miteinander
söhlig verbunden.
Auf der 340-m-Sohle erfolgte im April 1957 mit dem Querschlag
Nr. 293 aus dem Grubenfeld Zobes und im Gegenortbetrieb aus dem Grubenfeld
Bergen die einzige söhlige Verbindung der beiden Bergwerke.
Mit der Herstellung dieser Verbindung wurden die Bedingungen für
die Bewetterung des Bergener Grubengebäudes spürbar verbessert.
Gleiches traf auf die Wasserhaltung, die Förderung und auf betriebsorganisatorische
Maßnahmen zu.
Von April bis Oktober 1958 wurde von der 217-m-Sohle
das Gesenk 16/1 (128,0 m Teufe, 10,0 m² Querschnitt) bis zur 97-m-Sohle
geteuft. Die Sohlen 187 m, 157 m, 127 m und 97 m wurden angeschlagen.
Damit wurden die Gänge Parallelnaja und Osnownaja auf den tiefsten
Sohlen des Berkwerkes nochmals erschlossen.
Der überwiegende Teil der horizontalen Ausrichtungsgrubenbaue wurde
eingleisig und ohne Ausbau aufgefahren. Einige Abschnitte mußten
später nachträglich mit Ausbau versehen werden.
Vorrichtung und Abbau
Die Ausführung der Bergarbeiten, die technische
Ausrüstung, die technologischen, sicherheitstechnischen und arbeitsorganisatorischen
Festlegungen und die erreichten Leistungsparameter entsprechen der Beschreibung
für die Lagerstätte Zobes (siehe 2.2.6.1).
Die Umfänge aller Bergarbeiten (Vortrieb und Abbau, getrennt nach
Finanzierungsquellen) finden sich gleichfalls unter 2.2.6.1.
Vortriebsarbeiten sind im Paßport (technische Beschreibung)
der Lagerstätte Bergen1 für die Jahre 19491951 in einer
Größenordnung von 1.705 m vertikale und 16.451 m horizontale
Grubenbaue angegeben. Diese Arbeiten dürften in erster Linie Bergarbeiten
in den Schürfen, besonders in den Schürfen 1 und 3 sowie der
426-m-Sohle im Schacht 254 sein. Sie können der Kategorie Erkundungsund
Sucharbeiten sowie der Vorrichtung zugeordnet werden.
Der Abbau erfolgte im Firstenstoßbau. Die ersten
Abbauarbeiten erfolgten bereits auf den obersten Sohlen in den Schürfen
1 und 3. Ein großer Teil der vorgerichteten Abbauflächen wurde
durch (Kontroll-) Etagenstrecken und Bohrungen untersucht und gelöscht.
Die vererzte Gangfläche lag bei 510 % der produktiven Gangfläche.
Von insgesamt 26 in Erkundung befindlichen Gängen waren sieben Gänge
uranführend.1Die Mächtigkeit der Gänge lag bei 10 bis 25
cm. Eine zusammenhängende Vererzung der Gänge in horizontaler
Erstreckung erreichte nur in wenigen Erzfällen 20 m. Die Abbau-umfänge
ließen ab der 306-m-Sohle stark nach, da viele Gänge vertaubten.
Unterhalb der 217-m-Sohle erfolgte nur noch Abbau auf dem Gang Osnownaja
und teilweise auf dem Gang Parallel-naja. Die durchschnittliche Abbaubreite
lag bei 1,17 m, nach der Teufe stieg sie auf durchschnittlich 1,46 m an.
Den Zeitraum der Bergarbeiten zeigt die nachfolgende Tabelle:
|
Sohle |
Beginn |
Ende |
Schacht 254 |
426 m |
03/50 |
12/51 |
|
366 m |
10/50 |
11/57 |
Gesenk 11/1 |
340 m |
03/53 |
08/54 |
Gesenk 12/1 |
340 m |
08/53 |
07/59 |
Gesenk 14/1 |
310 m |
08/53 |
01/59 |
|
278 m |
08/53 |
07/59 |
|
217 m |
|
06/59 |
Gesenk 16/1 |
187 m |
06/58 |
02/60 |
|
157 m |
10/58 |
07/59 |
|
127 m |
|
08/59 |
|
97 m |
09/58 |
06/59 |
Energiebereitstellung
Die Lagerstätte Bergen erhielt die Elektroenergie
vom betriebseigenen Umspannwerk 30/10 kV Mechelgrün.
Förderung
Die faktische Förderleistung wird mit je 7 t/h für
die Schürfe 1 und 3 und 30 t/h für den Schacht 254 angegeben.1
Auf den Sohlen waren Akku-Loks im Einsatz.
Wasserversorgung
- Wasserhaltung
Die Trinkwasserversorgung erfolgte durch die Geigenbach-Talsperre
bei Poppengrün/Werda. Die Grubenwässer wurden der Pumpenstation
auf der 366-m-Sohle zugeleitet und von dort nach übertage gepumpt.
Der maximale Zulauf betrug vom Schurf 1: 28 m³/h, Schurf 3: 27 m³/h
und vom Schacht 254 und den Gesenken 38 m³/h.
Das Grubenwasser wurde übertage ca. 600 m oberhalb der Neumühlenhäuser
in den Rabenbach eingeleitet und ab 1957 dem Grubengebäude Zobes
zugeführt.
Arbeitshygienische Situation
Die arbeitshygienische Situation entsprach den Verhältnissen
der Nachbarbetriebe und war besonders durch die Faktoren fehlende Bewetterung
bei den Anfängen der Bergarbeiten, Staubentwicklung, Strahlen- und
Vibrationsbelastung besonders der Hauer bei den bergmännischen Prozessen
gekennzeichnet.
Wetterführung
Da kein zweiter Schacht vorhanden war, wurden die Schürfe
1 und 3 in die Wetterführung einbezogen. Der Schacht 254 wurde überwiegend
als Frischwetterschacht genutzt. Die Verbindungsüberhauen zu den
Grubenfeldern der Schürfe 1 und 3 wurden als Abwetterwege ausgebildet.
Mehrere Ventilatorenstationen mit einer Leistung von 50.000 m³/h
sorgten nach Herstellung der Wetterverbindungen für die Einhaltung
der vorgeschriebenen Wettermenge. Das Herstellen der untertägigen
Verbindung im April 1957 auf der 217-m-Sohle mit dem Grubenfeld Zobes
brachte für das Gebiet Bergen eine Verbesserung der Hauptwetterführung.
Arbeitskräfte
Eine exakt nachweisbare Zahl der Arbeitskräfte ist
nicht vorhanden. 1952/54 dürfte die Zahl der Gesamtbeschäftigten
bei ca. 600 gelegen haben, 1957/58 noch bei 300350. Nach Herstellung
der untertägigen Verbindung mit dem Grubenfeld Zobes wurde die Belegschaft
dem Betrieb Zobes zugeordnet.
Quellenverzeichnis:
CD "Chronik der Wismut"
1. Wismut GmbH, Geologisches. Archiv Sachsen
(GA),
2. Wismut GmbH, G A, Schneckenstein und Gottesberg
3. Foto des Autors Karl Demmler. Paßporte der Lagerstätten
Zobes, Bergen.
4. Risswerk, bearbeitet durch Autor Demmler. (russ.),
SAG Wismut 1952.
SMAD - Sowjetische Militär Administration
Deutschland.
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