Freie Presse - Auerbacher Zeitung - Mo., d. 09.05.2005
Schönauer Figuren leben in Bergen auf
Miniaturen von Karl Singer sind seit Sonnabend in der „Neuen Scheune“ in Bergen zu sehen

Von Sybille Güntzel-Lingner

Bergen. Die Figuren von Karl Singer leben wieder. Die einst von dem Schönauer Landwirt für das Naturbad in Schönau gefertigte Schauanlage erfährt ihre Renaissance bei Bernd Windisch „Am Forsthaus 9“ in Bergen. Dort eröffnete der Bewahrer alten ländlichen Brauchtums am Sonnabend die „Neue Scheune“.

Was darunter zu verstehen ist, erläuterte Windisch seinen Gästen selbst. „Hier wurde seit über 400 Jahren gebaut“, verwies der Hausherr auf das Ausgedingehaus, das eines der ältesten Häuser Bergens sein dürfte, auf Scheune und Tischlerwerkstatt, die er von seinen Vorfahren ererbt hat und in jahrelanger Mühe zu einem Begegnungsort ausgebaut hat, wo Altes bewahrt und gepflegt und Neues erlebt werden soll. Vor dem Eingang zur „Neuen Scheune“ werden die Besucher von der Singerschen Schauanlage begrüßt.

„Es ist fast so schön wie früher im Bad“, erinnert sich der Ellefelder Jochen Badstübner an seine Badbesuche in der Kindheit. Mit Frau Ramona und dem zehnjährigen Sohn Philipp betrachtet er ehrfurchtsvoll die Miniaturanlage. Alles ist wieder in Bewegung. Eine Hochzeitsgesellschaft geht in die Kirche. Der Metzger schlachtet ein Schwein. Der Schmied beschlägt das Pferd. Am Sägewerk dreht sich das Wasserrad, und der alte Dorfkonsum hat wieder geöffnet. Die kostbaren Exponate, wie die Zwergenkapelle, die Lebensuhr und das geschnitzte Relief, das einst den Eingang zum Bad zierte, können die Besucher im Haus erleben. Im Erdgeschoss bieten die alte Tischlerei und die ehemalige Scheune weitere Sehenswürdigkeiten aus vergangenen Zeiten. Hobel, Sägen und Maschinen, die einst Windischs Großvater eingerichtet hat, vermitteln ein Bild des dörflichen Handwerks. Im kleinen Umgebindehaus mit seinen niedrigen Zimmerdecken, kleinen Fenstern, Schüsselkachelofen und Himmelbetten fühlt sich der Besucher in die Vergangenheit versetzt.

Zur Eröffnung überraschte Windisch mit einer Kunstausstellung des Berliner Psychologen, Malers und Schriftstellers Professor Johannes Helm. Die Ölbilder, 14 Originale und mehrere Digitaldrucke des 78-jährigen Künstlers erwecken den Eindruck, für Windischs „Neue Scheune“ gemalt worden zu sein. Dem ist aber nicht so. Windisch hat Helm und seine Bilder während seines Berliner Aufenthaltes kennen gelernt. Es sind Bilder voller Poesie in Manier der naiven Malerei. Sie zeigen Landschaften und Alltagsszenen mit liebevoll gemalten Details. Der Psychologieprofessor kam 1971 zur Malerei. Inzwischen sind 497 Bilder und etliche Bücher entstanden. Die Laudatio sprach seine Frau, die Schriftstellerin Helga Schubert.

Wechselnde Ausstellungen zum Thema Land und Leute und Veranstaltungen mit Liedern, Märchen und Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart sollen das Haus mit Leben erfüllen. Geöffnet ist die „Neue Scheune“ von Mai bis September, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung, Telefon 037463 22747. Schönauer Figuren leben in Bergen auf Miniaturen von Karl Singer sind seit Sonnabend in der „Neuen Scheune“ in Bergen zu sehen

Der „Hausherr“ der „Neuen Scheune“, Bernd Windisch, zeigt Lisa-Marie, Larissa und Luca (v. l.) die Miniaturen aus dem ehemaligen Schönauer Bad. –Foto: Joachim Thoss