Freie Presse - Auerbacher Zeitung - d. 12./13.07.1997 | |
Karl Singers Werk wird bewahrt | |
Familie Windisch aus Bergen sieht Schauanlage als Grundstock einer Heimatstube | |
Von unserer Mitarbeiterin Sybille Güntzel-Lingner BERGEN. Als kleiner Junge war Bernd Windisch aus Bergen eifriger Besucher des Schönauer Bades. Was ihn im Naturbad beeindruckte, war die von Karl Singer geschaffene Schauanlage: Aus Holz geschnitzte Figuren und gebastelte Häuser, dem dörflichen Leben abgeschaut. Angetrieben wurde alles vom Wasser der Trieb. Die Anlage war das Lebenswerk eines Bauern, der in den 20er Jahren aus einer sumpfigen Wiese ein Naturbad geschaffen hatte, das weit über den Ort bekannt wurde. Das Bad nahm in den 80er Jahren mit Übernahme durch die Gemeinde den Anfang eines traurigen Endes. Karl Singer mußte seine Schauanlage einpacken. Statt Anerkennung erntete er Mißachtung. Sein Freitod 1978 wird damit in Verbindung gebracht. Bernd Windisch hat dies tief erschüttert. Der damals in Berlin wohnende Werbedesigner kaufte Singers Neffen die Schauanlage ab. Zunächst mit den Gedanken, sie einem Museum anzubieten, weil er dem Schnitzwerk volkskünstlerischen Wert beimaß. Zu schade, um auf einem Boden in Vergessenheit zu geraten, wollte es Windisch der Öffentlichkeit wieder zugängig machen. Doch die Museen in Schneeberg, Falkenstein und Plauen lehnten aus Platzgründen ab. In Windisch reifte der Gedanke einer eigenen Ausstellung, die bald wahr werden wird. Das von Vater und Urgroßvater ererbte Anwesen in Bergen - Umgebindehaus, Scheune und Tischlerwerkstatt - baute Windisch in den letzten Jahren zu einem Ensemble aus, das Wohn-, Museums- und Arbeitsstätte für die Familie geworden ist. Im Bestreben, Altes zu erhalten, hat er die Tischlerwerkstatt des Großvaters und die Scheune von Grund auf saniert, um sie als "Historische Stuben Bergen"; voraussichtlich im nächsten Jahr für Besucher zu öffnen. In der früheren Tischlerwerkstatt, wo Werkzeuge und Maschinen Platz gefunden haben, wartet Karl Singers Lebenswerk auf den Tag, an dem es andere wieder erfreuen kann. "Vieles muß restauriert werden und braucht neue Farbe", erklärt der Besitzer. Die Mechanik ist noch voll funktionsfähig. Es braucht nur Zeit und Überlegung, bis alles seinen richtigen Standort bekommt. Zu den wertvollsten Stücken gehört der bewegliche Figurenfries, der früher das Kassenhäuschen des Schönauer Bades zierte. Karl Singer hat sie alle verewigt: die Geizigen und Mißmutigen, die vor der Kasse wieder kehrt gemacht haben, und die Fröhlichen, die in das Bad einmarschierten, vorneweg ein kleiner Junge, in dem sich Bernd Windisch wiederfindet. Ein anderes Schaubild zeigt den Lebensweg "Von der Wiege bis zum Grab", und inmitten der Bauern- und Handwerkshäuser erhebt sich eine Kirche, aus deren Portal ein Hochzeitszug schreitet. Erstmals stellte Windisch die Figuren 1982 auf der alten Scheunentenne der Öffentlichkeit vor, "Wir hatten damals Zulauf wie ein Museum", erinnert er sich. 1990 war die Schauanlage im Garten zu bewundern. Schon damals hatten die Windischs unzählige Stunden für die Restaurierung aufgebracht. Auf dem Balkon in Berlin wurden die Figuren gestrichen. Während der Bauphase in Bergen mußte die Schauanlage zurückstehen. Seit einem Jahr wohnen die Windischs in Bergen. Das Konzept für die Ausstellung der Singerschen Schauanlage mmmt immer mehr Gestalt an. Noch am Überlegen ist Windisch; ob er einige Stücke auch im Grundstück plaziert. Das meiste sei eigentlich zu schade, um es der Witterung auszusetzen. Doch daß es ein Wiedersehen mit den Attraktionen aus dem Schönauer Bades geben wird, daran läßt Bernd Windisch keinen Zweifel. |
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Gabriele und Bernd Windisch inmitten der Schauanlage, die von Karl Singer geschaffen wurde und einst im Schönauer Bad stand. Das Bergener Ehepaar plant, die Modelle einmal in den "Historischen Stuben Bergen" auszustellen. Foto: Thoß |